Beitrag von Matthias Schneider, Duisburg zum Atomausstieg

Hallo Grüne Linke,

Die fehlende Rechtssicherheit und die leichte Umkehrbarkeit dieses von der Bundesregierung vorgelegten „Ausstiegsplans“ lassen sogar daran zweifeln, ob es wirklich ein Austiegsplan ist. So ist auch die offensichtlich nicht vorhandene Bereitschaft der Regierungskoalition, eben genau über diese Fragen intensiv zu verhandeln, einer der wichtigsten Gründe, der Novelle des Atomgesetzes (AtG) im Bundestag nicht zuzustimmen. Denn eine Zustimmung wäre, wie es in den Medien auch vielfach gespiegelt wird, ein grünes Gütesiegel durch diejenige Partei, die unbestritten viele ExpertInnen dieses Landes zur Atompolitik in ihren Reihen zählt.

Eine solche Veredelung des Planes der Bundesregerung durch die Grünen hätte einen weiteren Effekt, den Konservative und Wirtschaftsliberale, aber auch die Sozialdemokratie, geflissentlich mit einkalkuliert haben: Wir Grünen würden signalisieren, der Kampf sei nun zu Ende, wir, d.h. die Bewegung, hätten gewonnen, mehr sei nicht mehr zu erreichen. Diese Botschaft wurde von führenden MandatsträgerInnen in der atompolitischen Kommission vorgetragen, sie taucht immer wieder in der Diskussion auf. Rebecca Harms feiert bereits mit Freibier in Gorleben, obwohl für Gorleben noch wenig erreicht wurde. Gorleben ist eben nicht aus dem Auswahlprozess raus.

 

Verholen bis vorsichtig wird derweil von einigen Mitgliedern der Bundestagsfraktion geäußert, man müsse „jetzt nach vorne sehen“, es gäbe doch auf dem Weg zu Einsparung, Effizienz und Erneuerbaren „genug zu tun“ und man solle doch in den Kommunen „endlich mal die Basisarbeit machen und Projekte voran bringen“. Als ob wir das nicht tun würden. Eine gewisse Müdigkeit ist also eingekehrt in der Partei und menschlich ist das nur nachvollziehbar. Oft stehen andere wichtige, große Themen hinten an, wo die Partei im Kampf gegen die Atomenergie steht. Dieser Effekt ist durchaus einer der Gründe, warum eine latente Sehnsucht nach einer „Befriedung des Konfliktes“ insbesondere unter Spitzenfunktionären auch unserer Partei vorhanden ist.

 

Eine solche Tendenz ist jedoch fatal und steht der Umweltpartei gar nicht gut zu Gesicht und passt so gar nicht zu ihrem Programm. Restlaufzeit ist Gefahrzeit schwebte in sehr großen Buchstaben über der BDK in Freiburg, wir haben mit hunderttausenden Menschen für den Sofortausstieg, d.h. den schnellstmöglichen Ausstieg, demonstriert. Die Öffentlichkeit hat uns nicht so verstanden, dass wir einem unsicheren Ausstiegsplan, bei Abstrichen an der Sicherheit der Anlagen, über 10 Jahre hinweg zustimmen würden. Wir wurden dafür gewählt, dass wir den Ausstieg voran treiben und als Gutachterin und Wächterin solche Pläne bewerten. Über die Ergebnisse einer solchen Bewertung möchten die Menschen außerhalb des Politikbetriebes von uns informiert werden.

 

Aber genau das tun wir nicht. Unsere Partei- und Fraktionsspitze signalisiert noch vor der Sitzung des Bundesrates eine bedingungslose Zustimmung, die Rechtssicherheit, die Umkehrbarkeit, die fehlende Sicherheit werden unter den Teppich gefegt, der Plan zu einem frühen Zeitpunkt gesegnet. Abgesehen von dem ehrlichen und richtigen Kampf der rot-grün und grün-rot Regierenden in den Ländern für Verbesserungen (auf Basis eines kleinsten gemeinsamen rot-grünen Nenners !!!!“), findet auf der Bühne des Bundestages nahezu nur ein Lamentieren über einen vermeintlichen „Konsens“ statt. Einen solchen „gesellschaftlichen Konsens“ aber könnte es nur geben, wenn Umweltverbände, Anti-AKW-Bewegung und Industrie mit an einen Tisch kommen würden. So steckt schon in den Begrifflichkeiten Irreführung.

 

Gibt es aber denn nicht trotzdem ein Dilemma in der Hinsicht, dass viele neue Mitglieder und neue WählerInnen von uns verlangen würden, „nun endlich zuzustimmen, weil wir doch gewonnen“ hätten ? Mit Fug und Recht kann dieses vermeintliche Dilemma im Kern jedoch als selbst gestellte Falle bezeichnet werden. Denn wenn wir Grünen zunächst den Plan als Sieg bewerten, der nicht mehr zu nehmen sei, wenn wir als GutachterInnen die fehlende Rechtssicherheit und die Probleme mit der Anlagensicherheit ignorieren, dann brauchen wir uns nicht mehr wundern, wenn viele Menschen sagen, man könne nach dieser Bewertung nur noch zustimmen. Es wird also höchste Zeit, die Probleme dieses Ausstiegsplans zu benennen. Zur Prime Time, durch grüne Promies und in allen Kanälen.

 

Diesem Ausstiegsplan können und dürfen wir nicht zustimmen, wenn wir unsere so mühevoll erarbeitete Glaubwürdigkeit behalten wollen !

 

Matthias Schneider, Sprecher KV Duisburg

Sprecher BAG Energie

0177 77 39 399

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