13.06.2011
Keine Zustimmung zum schwarz-gelben Koalitions-Kompromiss
Seit unserem Bestehen kämpfen wir als GRÜNE JUGEND und Bündnis 90/Die Grünen zusammen mit der Umwelt- und der Anti-Atom-Bewegung für den Atomausstieg.
Und seit Jahrzehnten halten die Atom-IdeologInnen von Union und FDP dagegen und hetzen gegen den Ausstieg aus der Atomkraft. Platte Sprüche wie „Atomkraftgegner überwintern – im Dunkeln und mit kaltem Hintern“ – das war jahrelang der konstruktive Beitrag von Schwarz-Gelb zu einer sicheren, nachhaltigen Energiepolitik. Noch im letzten Herbst erwiesen sich FDP und Union mit der Laufzeitverlängerung wieder einmal als HandlangerInnen der Atomlobby.
Jetzt – drei Monate nach der Reaktorkatastrophe in Fukushima – hat sich die Regierung um 180 Grad gedreht, die Laufzeitverlängerungen zurückgenommen und fast 700 Seiten Gesetzesentwürfe und Dokumente vorgelegt, die den Ausstieg aus der Atomkraft bis 2022 vorsehen. Dass die Regierung sich so verbiegen muss, ist in erster Linie auch ein Erfolg des gemeinsamen Kampfes der Bewegung, zusammen mit Grünen und uns als GRÜNER JUGEND. Es ist ein Erfolg all der Menschen, die sich zu hunderttausenden an Menschenketten und Demonstrationen beteiligt haben und auf Straßen und Schienen den Castor blockierten.
Die schwarz-gelbe Regierung spricht nun von einem Konsens. Doch was sie bisher in Gesetzesform präsentiert hat ist kein Konsens – weder im Inhalt noch in der Form. Ein gesellschaftlicher Konsens, das hätte zuerst einmal bedeuten müssen, sich mit allen beteiligten Gruppen an einen Tisch zu setzen. Stattdessen hat die Regierung die Entscheidungsfindung in eine intransparente, zu einseitig besetze Ethikkommission und in nächtliche Koalitionsrunden verlagert. Verhandlungen mit den Umweltverbänden oder der Opposition fanden nicht statt. Und das spiegelt sich auch in den inhaltlichen Ergebnissen wieder. Was das Enddatum des Ausstiegs und die Verbindlichkeit dieses Datum angeht, entsprechen die Beschlüsse der Regierung weitestgehend dem rot-grünen Ausstiegsbeschluss. Aber sie fallen weit hinter das zurück, was möglich und was – spätestens nach Fukushima – nötig wäre. Das Enddatum liegt zu spät – und verzögert so die Energiewende um weitere wertvolle Jahre und setzt uns viel zu lange weiter den Risiken der Atomkraft aus. Zudem enthalten die schwarz-gelben Vorschläge rein gar nichts zur Verbesserung der Sichheitsheitsstandards bei Atomkraftwerken. Und die Regierung betreibt weiter den illegalen Schwarzbau in Gorleben – trotz aller Erkenntnisse, dass dieser Standort als Endlager nicht taugt. So verkommt die ergebnisoffene Endlagersuche zur Farce. Außerdem hintertreibt Schwarz-Gelb die Energiewende und den Klimaschutz, indem sie bei weitem nicht genug für den Ausbau der Erneuerbaren, dafür aber umso mehr für Kohle tun.
Nicht zuletzt wegen dieser inhaltlichen Bilanz des schwarz-gelben Energiepaketes haben Umweltverbände und Bewegung uns zurückgespiegelt, dass sie bei einem Atomausstieg bis 2022 keinesfalls mitgehen können. Für uns als GRÜNE JUGEND ist klar: Auch wenn die Regierung Merkel sich grün anmalt, dass was sie vorlegt, ist noch lange nicht genug, um das „grüne Gütesiegel“ erhalten zu können. Dem bisher vorliegenden Ausstiegsbeschluss sollten wir Grüne keine Zustimmung erteilen. Für uns als GRÜNE JUGEND ist eine Grüne Zustimmung zum Gesetzespaket Atomausstieg deshalb nur denkbar, wenn die Bundesregierung zu Verhandlungen bereit ist und den Grünen Forderungen substantiell entgegen kommt:
- Das Enddatum des Atomausstiegs darf nicht 2022 sein. Mit ihrem Beschluss liegt die Bundesregierung sogar über dem, was die Ethikkommission ihr vorgeschlagen hatte. Erst im März haben die Grünen beschlossen, dass sie bis 2017 aus der Atomkraft aussteigen wollen, weil das technisch und rechtlich machbar und politisch geboten ist. Diesem Datum muss die Bundesregierung entgegen kommen.
- Eine wichtige Lehre aus Fukushima hätte dieVerschärfung der Sicherheitsauflagen für Atomkraftwerke sein müssen. Doch Schwarz-Gelb tut nichts. Wir fordern deshalb, dass das kerntechnische Regelwert, das seit Jahren fertig in den Schubladen des Umweltministeriums liegt, sofort eingesetzt werden. Außerdem muss der Paragraph 7d des Atomgesetzes, mit dem von Schwarz-Gelb eine freiwillige Schadensvorsorge eingeführt wurde, die von der Atomaufsicht nicht angeordnet werden kann, und der von den Grünen beklagt wird, sofort zurückgenommen werden.
- Der Schwarzbau Gorlebens als Endlager muss unverzüglich gestoppt werden, denn der Standort ist geologisch und politisch ungeeignet. Wir brauchen eine ergebnisoffene Endlagersuche ohne Gorleben.
- Kein Ersatz von Atom- durch Kohlestrom. Wir müssen dezentrale erneuerbare Energie massiv ausbauen, statt an verkrusteten Strukturen festzuhalten und den Klimaschutz gegen den Atomausstieg auszuspielen. 35 Prozent erneuerbare Energien bis 2020 sind eindeutig zu wenig und entsprechen noch den Prognosen zur Zeit der Laufzeitverlängerung.
Nur wenn diese Bedingungen erfüllt sind, ist ein Grünes Ja zu den Atomgesetzen möglich. Denn warum sollten wir einem Ausstieg zustimmen, der weder weitgehend genug ist, noch unseren Zielen entspricht und noch nicht einmal mit uns verhandelt wurde?
Wir fordern Bündnis 90/Die Grünen auf, anhand dieser Eckpunkte erneut zu versuchen, Verhandlungen mit der Bundesregierung zu führen. Und wir fordern die Bundesregierung auf, endlich solche Verhandlungen aufzunehmen und einen echten gesellschaftlichen Konsens in der Frage der Nutzung der Atomkraft anzustreben.
Aber wenn sich Schwarz-Gelb wie bisher einem solchen Konsens verweigert, dann werden wir der Schwarz-Gelben Politik kein „Grünes Gütesiegel“ verleihen. Wir werden unseren Kampf gegen die Atomkraft auf der Straße, auf den Schienen, mit Blockaden und Demonstrationen fortsetzen.
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