Abstimmung im Bundestag zu ISAF (Afghanistan)

Die namentliche Abstimmung als PDF-Datei

ENTHALTUNG

Persönliche Erklärung von Winnie Nachtwei, Claudia Roth, Kerstin Müller, Bärbel Höhn, Britta Haßelmann, Kai Gehring, Thilo Hoppe, Volker Beck, Gerhard Schick, Rainder Steenblock, Katrin Göring-Eckardt,Wolfgang Wieland, Ulrike Höfken als PDF-Datei

NEIN

Markus Kurth, Toni Hofreiter und Ute Koczy haben auch eigene Erklärungen, Bettina Herlitzius und Harald Terpe haben ebenfalls mit Nein gestimmt; Irmingard Schewe-Gerigk wollte, ist aber leider krankgewesen.


Winfried Hermann, Hans-Christian Ströbele,  Sylvia Kotting-Uhl,Monika Lazar, Peter Hettlich, Wolfgang Strengmann-Kuhn:

Erklärung zum Abstimmungsverhalten nach § 31 GO BT

Erklärung nach § 31 der Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages zu dem Antrag der Bundesregierung auf Fortsetzung der Beteiligung bewaffneter deutsche Streitkräfte an dem Einsatz der internationalen Sicherheitsunterstützungstruppe in Afghanistan (International Security assistance Force, ISAF) unter Führung der NATO auf der Grundlage der Resolutionen 1386 (2001) und folgender Resolutionen, zuletzt 1833 (2008)  des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen:

Den Antrag der Deutschen Bundesregierung auf Fortsetzung der Beteiligung der Bundeswehr an der internationalen Sicherheitsunterstützungstruppe lehnen wir ab.

Die Sicherheitslage in Afghanistan wird von Jahr zu Jahr schlechter. Die Zahl der Opfer bei Anschlägen und beim Anti-Terrorkrieg steigt dramatisch. Im Jahr 2008 sind bisher über 3000 Menschen getötet worden, dabei mehr als 1000 Zivilisten, darunter viele Frauen und Kinder. Tausende wurden verwundet und verstümmelt. Fast die Hälfte der zivilen Opfer fällt der US-Luftkriegsführung zum Opfer. ACBAR, eine Dachorganisation von 100 Hilfsorganisationen gibt an, dass der Sommer 2008 der bisher verlustreichste war seit 2001. Die Zerstörungen von Gebäuden und Versorgungseinrichtungen übersteigen häufig den Wiederaufbau.

Der Krieg wurde vor sieben Jahren begonnen, um die Verantwortlichen für die Anschläge vom 11.9. in den USA der Gerechtigkeit zuzuführen, so die UN-Resolution vom Herbst 2001. Sie rechtfertigt nicht einen Krieg gegen die Taliban für einen Regimewechsel oder zur Aufstands- und Widerstandsbekämpfung in Afghanistan. Seit Jahren zielt jedoch die militärische Gewalt der ausländischen Truppen auf die Vernichtung der Taliban und des Widerstandes im Land. Die Ergebnisse dieser Strategie sind verheerend. Die rücksichtslose Anti-Terrorbekämpfung vor allem der US Truppen schürt und legitimiert Racheakte und Anschläge, sie sind nicht nur unverantwortlich, sondern auch kontraproduktiv. Dementsprechend hat sich die Sicherheitslage seit 2004 nochmals deutlich verschlechtert, obwohl seit Beginn des Krieges die Zahl der eingesetzten Nato-Soldaten auf ca. 65 000 deutlich angehoben wurde.

Ein Ende der Eskalation des Krieges ist nicht in Sicht, ganz im Gegenteil. Gerade auch als Folge der Eskalation und Kriegführung werden diejenigen, die bekämpft werden sollen, immer stärker. Die zunehmende Gewalt des Krieges ist die Hauptursache dafür, dass der Hass gegen die ausländischen Truppen wächst und sich immer mehr am Krieg gegen diese beteiligen. Politische und humanitäre Ziele werden unerreichbar. Der britische Botschafter Cowper-Coles hat leider Recht, wenn er sagt, die ausländischen Truppen in Afghanistan seien „Teil des Problems, nicht der Lösung.“ Die Gewaltspirale kann aber durch immer mehr Soldaten/innen und militärische Mittel nicht durchbrochen werden. Gerade asymmetrische Kriege können militärisch nicht gewonnen werden.

Es ist aus unserer Sicht unklug und unverantwortlich, einfach so weiterzumachen. Überfällig ist es, eine Alternative zur Eskalation der Gewalt zu entwickeln. Notwendig ist ein verantwortbarer militärischer Rückzug in kalkulierten Schritten. Doch alle Forderungen nach einem Strategiewechsel sind ohne Umsetzung geblieben, im Gegenteil, die Bundesregierung will das deutsche Truppenkontingent nur erhöhen. Trotz gegenteiliger Behauptungen bleiben die zivilen Anstrengungen weit hinter den militärischen zurück. Während nicht einmal die zugesagten 50 Polizeiausbilder nach Afghanistan geschickt werden, wird die Zahl der Soldaten/innen von 3500 auf 4500 erhöht. Die Kosten alleine dieses Mandates für 14 Monate betragen 688 Millionen, während die Ausgaben für den zivilen Aufbau  gerade mal etwa ein Viertel davon ausmachen.

Wir halten fest: Die bisherige Strategie ist gescheitert, sie schadet und verschärft den Krieg. Ein Wechsel der Strategie – weg vom Militärischen, hin zum Zivilen – ist nicht in Sicht.

Deshalb lehnen wir den Antrag der Bundesregierung ab.

Winfried Hermann

Hans-Christian Ströbele

Sylvia Kotting-Uhl

Monika Lazar

Peter Hettlich

Wolfgang Strengmann-Kuhn

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