Position – Von den demokratischen Druckmitteln Gebrauch machen

Die Frage, die uns alle bewegt, ist die, nach dem Abstimmungsverhalten unserer Abgeordneten im Oktober. Werden Teile unserer Abgeordneten erneut der Mandatsverlängerung, der Truppenausweitung und Truppenaufrüstung zustimmen oder finden die Vertreter/innen im Bundestag einen gemeinsamen Standpunkt gegen den Kurs der Bundesregierung?

„Ohne Kurswechsel kein Mandat

Falls es nicht zu einem von uns geforderten erkennbaren Kurswechsel kommt, bedeutet das in der Konsequenz, dass sich die Bundeswehr komplett aus Afghanistan zurückziehen muss. Das Zeitfenster für einen solchen Strategiewechsel ist dabei nicht unbegrenzt. Detailliert ausgearbeitete und aktuelle Konzepte, wie etwa der in dem Grünen Positionspapier „Mit diesem Krieg ist kein Frieden mehr zu machen“ vorgestellte und auf fünf Jahre angelegte Befriedungs- und Disengagement-Plan, liegen mittlerweile von Afghanistan-ExpertInnen vor. Aber bislang ist seitens der Bundesregierung eine neue deeskalierende Strategie nicht erkennbar. Ebenfalls nicht erkennbar ist ein Ende des Einsatzes in einem verantwortbaren Zeitraum. Maßgebend für jegliche weitere Zustimmung zu einer Verlängerung des Bundeswehreinsatzes ist für uns jedoch die – längst überfällige – Vorlage eines zeitlich klar gegliederten Stufenplans für den Aufbau und die Befriedung. Dieser Zeitplan muss einen völligen Abzug der ausländischen Truppen, somit natürlich auch der Bundeswehr in wenigen Jahren beinhalten. Die Kette der einjährigen Mandatsverlängerungen für den Bundeswehreinsatz mit unklaren Perspektivorstellungen wird BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN nicht fortschreiben. Während die Bundesregierung und die Koalitionsparteien bisher niemandem erklären konnten, wie dieser Krieg zu gewinnen sei, schlagen wir einen grundlegenden Strategiewechsel vor, mit dem der Frieden zu gewinnen ist. (Militärische Eskalation ist keine Lösung (Pt.8 Göttinger Beschluss).

Der Parteitagsbeschluss läßt keinen Spielraum für Interpretationen. Angesichts der Lage in Afghanistan, die von allen GRÜNEN, aber auch darüber hinaus von allen NGOs und von Vertreter/innen aller Parteien als weiterhin und sich kontinuierlich verschlechternd dargestellt wird, verweigert die Bundesregierung jegliche Analyse und zielführende Darstellung eines Konzeptes zum von Fachleuten aller politischen Richtungen und GRÜNEN aller Strömungen geforderten Strategiewechsel und letzlich erforderlichen Truppenrückzug.

Die Berichterstattung in der Presse bestätigt nahezu täglich diese Einschätzung. Erneut sind 90 Menschen, darunter mindestens 47 Zivilisten, dieser Tage Angriffen der Militärallianz zum Opfer gefallen. Die Truppenführung bestreitet das zwar, aber die Hinweise verdichten sich (s.a. „der Standard“, Wien v. 23.8.). Die Truppen der Allianz hätten sich zurück gezogen, nachdem aufgebrachte Dorfbewohner diese angegriffen hätten, berichtet die Presse. Unterdessen droht auch der Atomstaat Pakistan zum „failed state“ zu werden. Unablässig und jüngst vorgetragene militärische Drohungen seitens der Bush-Administration und der Karsai -Regierung verschärfen die Lage ebenso, wie der Rücktritt des pakistanischen Präsidenten.

Die Reaktion der Bundesregierung und aller in Afghanistan beteiligten Streitkräfte ist stetig gleichlautend: Mehr Kriegsgerät und mehr Truppen. Unterdessen sprechen US-Amerikanische Militärexperten davon, dass die Truppenstärke mindestens (!) 400.000 Mann betragen müsse, um den Krieg erfolgreich zu beenden. Das wäre eine der größten Besatzungsarmeen der Nachkriegszeit. Die Alternative heißt aus GRÜNER Sicht hingegen: „Scheitern oder Strategiewechsel“. Es ist an der Zeit und entspricht dem Göttinger Parteitagsbeschluß, der Bundesregierung im Oktober hinsichtlich der Verlängerung des Mandates und dem Ansinnen der Truppenverstärkung die rote Karte zu zeigen, also von den demokratischen Druckmitteln Gebrauch zu machen, die uns zur Verügung stehen:

Verweigerung der Zustimmung zur Mandatsverlängerung und der Unterstützung weiterer Aufrüstung der Truppe.

Öffentliche Kampagne für den Strategiewechsel, wie er von GRÜNEN, NGOs und selbst Militärexperten gefordert wird.

Simon Lissner (Kreisvorstand KV Limburg-Weilburg/Hessen), August 2008

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